Kontaktloses Bezahlen ist nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie stark im Kommen. Mit fillibri, der neuen Tank-App aus Münster, gibt es jetzt ein weiteres digitales Best Practice aus der Region. Das Start-up der Westfalen AG, an dem sich inzwischen auch die Deutsche AVIA beteiligt hat, bietet an inzwischen mehr als 200 Tankstellen das Tanken auf der Überholspur an.
Wer kennt das nicht: Man tankt, hat es eilig und muss dann in der Kassenschlange warten, bis die Vorderleute sich für Snacks, Blumen, Getränke oder Zeitschriften entschieden haben und anschließend in aller Ruhe bezahlen. Klar, die paar Minuten müsste man eigentlich an Zeit haben. Eigentlich … – im hektischen Alltag sieht das dann aber oft anders aus.
Karsten Hüls ist Geschäftsführer des Start-ups fillibri mit Sitz am Hafenweg in Münster. Im Interview spricht der 31-jährige Wirtschaftsingenieur (M.Sc.) über die Zukunft der Services rund um Tankstellen und Mobilität. „Pay at Pump“, die Idee hinter der neuen fillibri-App ist dabei nur der erste Schritt.
Herr Hüls, wir haben die App getestet. Hat wirklich gut funktioniert. Nach wenigen Minuten war alles installiert und wir wurden zur nächsten Tankstelle geleitet, die den Service „Pay at Pump“ anbietet. Auch beim Tanken selbst lief alles problemlos. So weit, so gut. Aber: Andere Anbieter sind damit schon seit Jahren am Markt. Wieso kommt fillibri erst jetzt?
Karsten Hüls: „Es stimmt, dass es bereits andere Anbieter gibt. Diese sind aber entweder Apps großer Mineralölgesellschaften oder branchenfremde Lösungen. fillibri kommt aus der Branche für die Branche. Wir stellen ein Gegengewicht dar, das mittelständischen Mineralölgesellschaften die Möglichkeit bietet, den digitalen Wandel der Branche selbst zu gestalten. Und auch die Autofahrer wollen keine zehn Apps für zehn Tankstellen installieren. Mit einer markenübergreifenden Lösung gibt es bislang außer uns nur zwei weitere Anbieter am Markt. Da wird es am Ende auf den Grad der Akzeptanz ankommen. Und da sehen wir uns mit Westfalen und Avia im Hintergrund bestens aufgestellt.“
Wer sind denn die anderen beiden Anbieter?
Karsten Hüls: „Das sind die Apps von ryd und Pace. Wir sind aber nicht angetreten, um diese Anbieter zu kopieren. Unsere Geschäftsidee entstand tatsächlich aus einem Gespräch unter Kollegen. Die haben sich gefragt, warum man an den Westfalen-Zapfsäulen noch nicht kontaktlos bezahlen kann. Daraus ist dann fillibri geworden.“
Wie lange hat die Entwicklung gedauert und wer ist Ihr Technologiepartner?
Karsten Hüls: „Die Idee entstand vor gut einem Jahr. Seit Anfang Oktober sind wir nun am Markt. Die Umsetzung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Zweitag GmbH aus Münster. Die haben uns in allen Bereichen und Schritten super unterstützt. Die Zahlungsabwicklung hat WEAT Electronic aus Düsseldorf für uns realisiert. Und unsere eigenen fünf Mitarbeiter sowie die Kollegen der Westfalen AG haben natürlich auch einen Riesenanteil daran.“
Sie sprechen von Akzeptanz als Erfolgsfaktor. Wie viele Installationen haben Sie nach acht Wochen?
Karsten Hüls: „Wir liegen bereits gut im fünfstelligen Bereich und sind sehr zufrieden damit. Das Feedback von den Tankstellen ist ebenfalls gut.“
Steht die App nicht eher im Widerspruch zu den wirtschaftlichen Zielen der Tankstellenpächter? Schließlich kommt der Kunde nicht mehr in den Shop.
Karsten Hüls: „Das stimmt, es wird vermutlich der ein oder andere Coffee to go weniger verkauft. Aber die App leitet zusätzliche Kundschaft zur Tankstelle, die Zapfsäulen werden schneller wieder frei und die Schlange im Shop kürzer. So können die Shop-Kunden intensiver betreut werden. Das sind Vorteile, die nach anfänglicher Skepsis auch die Tankstellenbetreiber überzeugt haben. Und es kommen ja weitere Features.“
Die da wären?
Karsten Hüls: „Über die App sollen künftig alle Services rund um Tankstelle und Mobilität abgewickelt werden. Dazu gehören zum Beispiel auch die Autowäsche oder Vorbestellungen im Tankstellen-Shop. Da kann der Kunde dann nach Feierabend tanken und seine fertig gepackten Einkäufe gleich mitnehmen. Aber auch über die Tankstelle hinaus können wir uns die Integration von Car-Sharing, Bike-Sharing oder das Bezahlen von Parkplatzgebühren vorstellen.“
Wo Sie schon von Zielen sprechen: Wie sehen Ihre kurzfristigen Ziele aus?
Karsten Hüls: „Zunächst wollen wir weiter intensiv an der Akzeptanz unserer App arbeiten und die Nutzer-Zahlen steigern. Auch Kooperationen mit weiteren Partnern sind bereits in Arbeit. Akzeptanz ist das Wichtigste. Denn: Je mehr bei fillibri mitmachen, desto größer ist der Nutzen für alle Beteiligten. Und am Ende werden nur ein oder zwei Apps überleben.“
fillibri bleibt also kein regionaler Anbieter?
Karsten Hüls: „Nein, wir werden Anfang 2021 deutschlandweit an Tankstellen vertreten sein.“
Und was sind Ihre mittelfristigen Zielsetzungen?
Karsten Hüls: „Wir wollen den eCommerce in die Tankstelle bringen. Parallel arbeiten wir auch an unserer Digital Signage Lösung PXLS. Damit können wir den Kunden die richtigen Produkte zum richtigen Zeitpunkt anbieten. Und dann kennen wir natürlich noch weitere Probleme, die Tankstellenbetreiber umtreiben. Diese wollen wir ebenfalls digital mit fillibri lösen, aber wir können auch noch nicht alles verraten.“